In einem Berggebiet im Westen der Präfektur Tokushima liegt inmitten der Insel Shikoku ein bergiger Landstrich, der „Nishi Awa“ genannt wird. Die Berghänge mit bis zu 40% Gefälle sind zu steil, um Terrassenfelder zu bauen, weshalb sie schräg bewirtschaftet werden. Um Bodenerosion zu verhindern, wird Schilfgras von Wiesen in den Boden eingepflügt. So können Buchweizen, Süßkartoffeln und viele andere Agrarprodukte angebaut werden.
Dieses spezielle Bewirtschaftungssystem für Berghänge hat eine mehr als 400jährige Tradition. Engagierte Bewohner halten die Traditionen lebendig, und organisieren Veranstaltungen und Projekte rund um Themen wie ländliche Bergwelt, Esskultur und Landwirtschaft.
Das „System der Landwirtschaft am Hang in Nishi Awa“ erhielt in Japan erstmalig den Titel „Wichtiges Landwirtschaftliches Erbe“.
Es ist kein leichtes Unterfangen seinen Lebensunterhalt mit Bewirtschaftung eines schrägen Hangs zu bestreiten. Viele unterschiedliche Feldfrüchte werden hier angebaut. Die Bewohner haben sich ein Wassernetz aufgebaut und sich das Leben am Hang angenehm eingerichtet.
In dieser Gegend ist auch der Landstrich Iya, welcher zu den „Drei Großen unerforschten Gegenden Japans“ gezählt wird. Die Siedlung in den Bergen ist eine wertvolle Ressource für den Tourismus, der hier vorangetrieben wird. Jedes Jahr gibt es viele Besucher, darunter ausländische Touristen oder Teilnehmer von Bildungsreisen, die Praktika in der Landwirtschaft absolvieren.
Da auf den Bergwiesen regelmäßig durch den Menschen Schilfgras geschnitten wird, bekommen auch kleine Pflanzen genügend Licht. Für viele Pflanzen ist das ein optimaler Lebensraum, bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden 282 Pflanzenarten registriert, darunter das seltene Shikoku Adonisröschen.
Darüber hinaus wurden 241 Insektenarten, 28 Vogelarten, 9 Säugetierarten und andere Lebewesen beobachtet, es existiert eine breite Artenvielfalt in Flora und Fauna.
Weiterhin gibt es mehrere einheimische Getreidearten (darunter 2 Arten Buchweizen, 3 Arten Kolbenhirse, 6 Arten Sorghumhirse, 2 Arten Japanhirse, 19 Arten Rispenhirse usw.). Man kann von einer Gen-Schatzkammer eines breiten Spektrums von Feldfrüchten sprechen.
Steile Berghänge neigen aufgrund von Wind und Regen zu Bodenerosion. Um den Boden zu schützen wird in Ballen getrocknetes Schilfgras in die Felder eingepflügt und Erosion kontrolliert. Längs der Höhenlinien werden in den Feldern Furchen gebildet, um den Wasserhaushalt zu kontrollieren. Für die Bearbeitung der Felder werden zum Erhalt des Bodens traditionelle Ackergeräte verwendet.
Durch sehr tiefes Pflügen der Felder werden Steine zerkleinert, was zur Entstehung von neuem Boden führt. Mit der Weisheit und der Technik vieler Generationen wird so eine nachhaltige Landwirtschaft an den Berghängen betrieben.
Es gibt zahlreiche traditionelle Bräuche, die in Zusammenhang mit der Landwirtschaft stehen. Dazu zählen beispielsweise der Regentanz, welcher als nationales und präfekturales „Bedeutendes immaterielles Kulturgut“ anerkannt ist, und andere bäuerliche Zeremonien, welche von der lokalen Bevölkerung und von Brauchtumsvereinen am Leben gehalten werden.
In diesem Landstrich gibt es 425 Gemeinschaftshäuser, in denen Informationen ausgetauscht werden und eine Kultur der gegenseitigen Hilfeleistungen aufrecht erhalten wird.
Außerdem gibt es eine reichhaltige traditionelle Küche, welche in ihren Rezepten die lokalen Getreidearten verwendet, wie z.B. ein Reis-Gemüse-Eintopf mit Buchweizen-Graupen, oder mit Miso-Paste gebratener Tofu.
Die Siedlung Ochiai im Bezirk Iya der Stadt Mikoshi gilt als „Nationales Gebiet zur Bewahrung von wichtigen architektonischen Gebäudegruppen“. Im Zusammenspiel mit ihren Wohnhäusern, den Steinmauern, Wäldern, Feldern und Grasweiden inmitten einer Schlucht ergibt die Siedlung ein faszinierendes Landschaftsbild. In letzter Zeit hat diese ursprüngliche japanische Landschaft Berühmtheit erlangt, und zahlreiche Touristen aus dem In- und Ausland besuchen die Siedlung Ochiai oder auch die Siedlung Sarukai im Bezirk Sadamitsu der Stadt Tsurugi.
Überdies ist der Wald in der Umgebung der Siedlung ein wichtiges Grundwasserreservoir. Durch Verwerfungen in der Unterbodenstruktur dient er als reichhaltige Wasserquelle für die Siedlung.
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